40 Jahre Besatzung durch das Prisma der Abriegelungspolitik

 

Das von den Israelis besetzte Palästina wird von einem dichten Netz von Kontrollpunkten durchzogen, welche den Verkehr zwischen palästinensischen Dörfern und Städten und die Verbindung zum Grenzland zwischen Palästina und Israel regulieren.

Die Checkpoints sind der augenscheinlichste Ausdruck der israelischen Besatzung. Sie sind Teil der Politik der Abriegelung, mit deren Hilfe man die Bevölkerung unter Kontrolle hält. Von den 65 bemannten Checkpoints befinden sich nur neun im Grenzgebiet. Alle anderen dividieren Dörfer auseinander.

Verbindungsstraßen in Palästina ohne Kontrollpunkte wurden einfach unterbrochen.

Diese inneren Sperren dienen dem Schutz der israelischen Siedlungen. Die israelischen Sicherheitskräfte in Palästina sind primär  eine Verteidigungsarmee der Siedler, und sie kontrollieren auch die Abriegelungen der Siedlerstraßen – die Siedler haben eigene bequeme Straßen, die von den Palästinensern nicht befahren werden dürfen. Frau Hammermann nennt sie "Apartheidstraßen".

Aber auch die 700 km lange Grenzmauer, welche die Israelis zwischen Israel und Palästina errichten, trennt nicht nur die beiden Gebiete von einander, sondern verläuft manchmal mitten durch Dörfer und Siedlungen, oder trennt die Bauern von ihren Feldern.

Die Mauer ist eine Folge der zweiten Intifada und den palästinensischen Selbstmordattentaten in Israel. Seit ihrer Errichtung ist die Zahl der Attentate in den letzten Jahren stark gesunken. Frau Hammermann führt den Rückgang der Attentate aber nicht auf die Mauer zurück, da diese noch unvollständig ist, sondern auf das langjährige strikte Einhalten des Waffenstillstandsabkommens zwischen Israel und den Palästinensern. Doch leider hat dieses Abkommen durch Israels Politik der gezielten Tötung keinen Bestand mehr. 

Strategisch wichtige Checkpoints, welche die Straßen der Palästinenser kontrollieren, sind stark gesichert und von schwer bewaffneten israelischen Soldaten bewacht.

 

Kleinere und unwichtigere Checkpoints sind weniger aufwendig gestaltet.

Um z. B. von einem palästinensischen Dorf zu einem Hospital oder einem Geschäftspartner in einer benachbarten Stadt gelangen zu können, welche durch einen Kontrollpunkt gesichert ist, müssen Palästinenser einen Passierschein beantragen, der von den israelischen Militärbehörden gewährt werden kann, aber nicht bewilligt werden muss. Und die Zahl der für Palästinenser verbotenen Verkehrswege nimmt zu, denn zwischen den israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten bestehen Straßen, die für die Palästinenser verboten sind. Immer häufiger werden besondere Erlaubnisse gefordert, um einen Checkpoint zu passieren. Manche Erlaubnisse gelten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, andere für einen ganzen Tag.

An den Grenz-Checkpoints bekommen Grenzgänger kaum Kontakt zu den Soldaten, weil sie hinter undurchsichtigem Panzerglas sitzen.

 

Es ist schon vorgekommen, dass palästinensische Frauen ohne Passierschein an den Checkpoints gebären mussten, weil die Soldaten sie nicht durchließen.

 

Das Passieren eines Kontrollpunktes ist in den letzten Jahren immer zeitraubender und umständlicher geworden. Durch den Einbau von Drehkreuzen ist die Bewegungsfreiheit der Palästinenser an vielen Checkpoints extrem eingeschränkt. 

An israelischen Feiertagen ist die Westbank ganz abgeriegelt. Im Jahr 2005 konnten Palästinenser an 132 Tagen die Checkpoints nicht passieren. Und selbst wenn sie geöffnet sind, dauert es manchmal Stunden, bis man sie passieren kann. Kranke kommen nicht ins Krankenhaus, Mütter nicht zu ihren Kindern.

Solche Kontrollpunkte  machen das Leben der Menschen zur Hölle und erzeugen daher Wut und Hass.

Wenn es das israelische Militär für notwendig hält, die Kontrollpunkte - z. B. aus Sicherheitsgründen - zu schließen, können Checkpoints stunden- oder sogar tagelang geschlossen werden. Die israelischen Sicherheitsoffiziere bestrafen die betroffenen Palästinenser für Verbrechen, die andere begangen haben. Der ehemalige Geheimdienstchef Ami Ajalon nannte die Kontrollstationen die „Brutstätten des Hasses“.

 

Als Frau Hammermann zu Beginn des 21. Jahrhunderts in den Zeitungen las, dass palästinensische Frauen an den Checkpoints gebären mussten, weil die Soldaten sie nicht durchließen, war sie tief erschüttert. Sie schloss sich drei Israelinnen an, die zu den Checkpoints gegangen sind. So kam es 2001 zur Gründung der Menschenrechtsorganisation „Machsom Watch“. In diesem Verein sind nur Frauen organisiert, weil diese sowohl für Soldaten als auch für Palästinenser keine Bedrohung darstellen. Sie haben sich das Recht errungen, an den Grenzposten zu stehen. Zwei Mal täglich gehen die Frauen dorthin. Sie beobachten, schreiben auf,  mischen sich ein.

Wenn es zu Gewalt kommt, stellen sie sich vor die Palästinenser. Nach jeder Schicht schreiben sie einen Bericht, den sie auf ihrer Website publizieren. Es gibt auch einen Jahresreport. Die Frauen wenden sich an die Armee, an die Knesset, an Menschenrechtsorganisationen und an die Medien und berichten davon, dass Menschen stundenlang in der prallen Sonne oder im Regen ausharren müssen oder dass sie in Einpferchungen aus Beton stehen müssen, dass Schwerkranke  nicht durchgelassen werden, Studenten nicht an die Uni kommen, Schüler Prüfungen und Geschäftsleute ihre Termine verpassen. Aber seit diese engagierten Frauen da sind, müssen die Palästinenserinnen nicht mehr auf der Erde entbinden.

Heute hat Machsom Watch ungefähr 400 Mitglieder. Durch ihr Engagement ist es in den letzten Jahren diesen Frauen gelungen, das Thema der Checkpoints in das Bewusstsein der israelischen Öffentlichkeit zu bringen. Sie laden die Öffentlichkeit immer wieder dazu ein, sie zu den Checkpoints zu begleiten. Jedoch mussten sie in den letzten Jahren auch eine spürbare Verschlechterung für ihre Arbeit vor Ort feststellen. Die Anwesenheit der Frauen von Machsom Watch ist immer weniger erwünscht. Einige Mitglieder sind sogar verhaftet worden. 

 

Wenn Sie mehr über die Arbeit von Frau Hammermann, ihre Mitstreiterinnen und ihre Organisation Machsom Watch erfahren möchten, klicken Sie  folgende Adressen an:

 www2.amnesty.de/__C1256A380047FD78.nsf/0/72EE0AEE228BF294C12573090038D558?Open&Highlight=2,Hammermann

www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Israel/hammermann.html

www.machsomwatch.org